Gender-Ei: Kuckucksei und Bärendienst

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Leser*innen und Leser:innen,
verehrtes Publikum!

Wen habe ich vergessen? Niemanden möchte ich vergessen und das ist auch der positive Impetus des Sprachgenderns. Die neue Ideologie will niemanden "zurücklassen" und (leider) in der Selbstvergewisserung ihrer Fortschrittlichkeit kann sie auch niemanden in Ruhe lassen - was nun die größte aller liberalen Tugenden wäre und ist.

Recht eigentlich geht es beim Gendern um etwas anderes: Zwischen biologischem Geschlecht und soziologischer Rolle zu unterscheiden. Das ist man im Angelsächsischen bereits sprachlich gewöhnt, im Deutschen nicht? Ist wirklich die Unterwerfung (vulgo Abschaffung) des generischen grammatikalischen Geschlechts unter das biologische nicht nur extrem biologistisch, also ausgerechnet sogar gegen das eigentliche Ansinnen gerichtet? Ausgerechnet sei hier bewusst angemerkt, welche Kräfte wirken hier wie?

Das grammatikalische Geschlecht hat es bisher vermocht, das biologische Geschlecht zu relativieren, ihm sprachlich eine eigene Bedeutung zu konnotieren, die sehr wohl hochinteressant ist. Warum heißt es das Buch, der Ofen, die Liebe? Warum heißt was wie?

Die Biologie ist eben nicht das Maß aller Dinge, wir können im Deutschen ganz losgelöst davon sprechen.
Wir verstehen mehr, wenn wir uns nicht katharisch beschränken. Lassen wir das tun.

Haben Sie besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ihr Adeist



Kommentare

  1. Das ist schon einmal richtig: Offenbar waren unsere Vorfahren in der Lage, Sprache gerade so zu gebrauchen, dass es nicht auf das Geschlecht ankommt. Das generische Maskulinum der deutschen Grammatik ist tatsächlich mehr Lösung als Problem und die Neuversuche der Feminist:*Innen führen geradewegs in das Gegenteil: Die Betonung und Herausforderung des Geschlechtlichen. Wenn man natürlich gleich beim Begriff Maskulinum einen Koller bekommt, dann ist einem wohl kaum zu helfen. Das ist allerdings ein Problem, welches sich nicht durch Sprache lösen lässt.

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  2. genus ist etwas anderes als sexus27. Februar 2021 um 19:20

    "Offenkundig stand am Anfang ein Missverständnis: Die gegenwärtige Verwirrung ist Folge einer weit zurückliegenden Übersetzung. In der Grammatik ist lateinisch von genus die Rede, wenn die Wortgattung bezeichnet werden soll. Übersetzt wurde das lateinische Wort genus ab dem späten Mittelalter (!) mit „Geschlecht“; gemeint war Gattung. Geschlecht hatte bis dahin zwei Bedeutungen: Es bezeichnete eine Abstammungs- oder Ahnenfolge, insbesondere beim Adel sprach man von Geschlechtern. Geschlecht bezeichnet zudem die Unterscheidung von Mann und Frau, lateinisch sexus. Warum hätte das Lateinische zwei Wörter gebraucht, wenn sie das Gleiche bezeichnen? Das Lateinische unterscheidet die beiden Wörter, weil sie Unterschiedliches benennen: genus ist nicht gleich sexus. Das ist in der Linguistik allgemein anerkannt."
    So Prof. Dr. Rudolf Stöber hier: Genderstern und Binnen-I

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    1. So ist es. Das Problem des Sprachfeminismus liegt auf der Hand: "Tatsächlich beruht die Forderung ... auf einem fundamentalen sprachwissenschaftlichen Irrtum. Die Fehlüberlegung besteht in der Gleichsetzung von biologischer Geschlechtlichkeit und grammatikalischem Genus. Diese Gleichsetzung ist aber unstatthaft, denn es gibt ja drei Genera (Maskulinum, Femininum, Neutrum) aber bloß zwei Geschlechter. Auch wird allem Ungeschlechtlichen (der Ofen, die Wolke, das Fass) ein Genus beigeordnet, was wiederum zeigt, dass biologisches Geschlecht und grammatikalisches Genus keinesfalls gleichgesetzt werden dürfen." Quelle: Sprachfeminismus in der Sackgasse

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  3. Diese ganze "Genderei" schafft mehr Probleme als sie löst.

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  4. Alles nichts wirklich neues, gab es schon vor fast 100 Jahren:
    * Eine der ersten Maßnahmen zur Vermassung der Teilnehmer habe darin bestanden, ihnen das „Sie“ zu verweigern und das „Du“ unter ihnen durchzusetzen.
    * Durch die Forderung danach, eine bestimmte Sprache zu verwenden oder bestimmte Symbole zu zeigen, habe man jene sichtbar gemacht, die sich nicht konform verhielten.
    Quelle
    "Nichts anderes ist die Genderei: Man überfällt seine Leser mit satzzeichengewordener Ideologie, nicht mit Worten und Argumenten, sondern mittels der Sprachgestalt selbst." Quelle


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    1. Da findet sich auch ein interessanter Beitrag als PDF, ursprünglich wohl aus der Zeitschrift "Die Zeit", bereits aus dem Jahr 2002. Hier der Downloadlink: https://www.docdroid.net/file/download/ISQIjo0/sebastian-haffner-aktuell-in-2021-pdf.pdf

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  5. Genderei - Gender-Ei :-)

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  6. Der Schweizer Schriftsteller und Kommunikationsberater Giuseppe Garcia lehnt die Gendertheorie nicht nur entschieden ab – er hält sie auch für antiaufklärerisch und gefährlich. Genderbefürwortern gehe es nicht um echte Inklusion, stattdessen haben sie sich auf die Fahnen geschrieben, Geschlechterunterschiede auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen, um eine mögliche Überlegenheit des einen oder anderen Geschlechts auszuschließen. Die „leibliche Verschiedenheit" solle reduziert werden, an Stelle des Geschlechtes solle eine kulturelle Dimension – auf Englisch gender – Einzug halten. Die Gesellschaft, so die Genderbefürworter, presse uns in Rollen, das gelte es zu verhindern. Sprache werde seit jeher – also normalerweise – durch die Welt geformt, hier aber solle die Welt die Sprache formen, und so, erklärt Garcia, begeben sich die Genderbefürworter auf den Pfad der Gnostiker, die sich in ihrer Tradition selbst als Schöpfer sehen: „So gesehen ist der gegenwärtige Vormarsch der Gendersprache in Bildungseinrichtungen, in Kultur, Politik oder behördlichen Dokumenten ein Vormarsch des Irrationalismus. (...) Es ist eine Wirklichkeitsverweigerung, die sich gegen die kulturellen Wurzeln des Westens selbst richtet." Mit einer aufgeklärten Gesellschaft habe dieses Treiben nichts zu tun. (nzz.ch)

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  7. Jetzt fängt auch die deutsche Missbrauchskirche mit der Genderei an: Die Nachrichtenagentur der deutschen Bischöfe KNA macht bei Genderei mit
    Intellektualisiert und rationalisiert wird dies scheinheilig als "Diskriminierungssensible Berichterstattung". Wie üblich, lügt man sich da etwas in die Tasche:
    Es gäbe gar keine Diskriminierung, würde man nicht auch in der Sprache - und das ist sicher krankhaft - zuvörderst das biologische Geschlecht sehen. Es ist diese Fixierung auf das das Sexuelle, dessen Fokussierung und gleichzeitige Ablehnung (Verhütung) irre machen muss. Hierin liegt auch der Grund für den Missbrauch von inzwischen so ziemlich Allem, was diesen Kranken in die Finger kommt.
    Die Lösung kennt die Kirche längst: Es ist das lebendige Zölibat, die positiv gelebte sexuelle Entsagung von Priestern, Ordensleuten und Ledigen.

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  8. Leserbrief FAZ, Teil 114. September 2021 um 19:28

    "In der deutschen Sprache gibt es ein natürliches Geschlecht (Sexus) und
    ein grammatisches Geschlecht (Genus). Beides wird von feministischen
    Linguistinnen gerne verwechselt, um nicht zu sagen: wild
    durcheinandergeworfen. Dabei können auch sprachwissenschaftliche Laien,
    wenn ihr Blick nicht ideologisch getrübt ist, den Unterschied leicht
    erkennen.

    Erstens nämlich gibt es drei Genusformen (maskulin, feminin, neutrum),
    aber nur zwei biologische Geschlechter (männlich und weiblich). Zweitens
    wird das Genus auch für Objekte ohne jede erkennbare Parallele zum
    natürlichen Geschlecht verwendet: der Herd, die Straße oder das Buch.
    Auch dass der Busen maskulin, die Eichel feminin und das Glied neutrum
    sind, beruht ganz offensichtlich nicht auf irgendwelchen biologischen
    Hintergründen.

    Ähnlich verhält es sich z. B. mit der Leser oder der Kunde. Während der
    Genus übergeschlechtlich verwendet wird (der Gast, der Mensch, die
    Person, die Waise, das Kind, das Individuum), stellt der Sexus eine
    weitere Aufsplitterung in männlich und weiblich dar.

    Wir haben es hier mit etwas zu tun, was man in der Sprachwissenschaft
    "Synonymie" nennt. Synonyme sind gleichlautende Wörter, die aber
    unterschiedliche Dinge meinen. Ein "Flügel" kann beispielsweise der Teil
    eines Vogels sein, der Teil einer Fußballmannschaft oder ein Klavier.
    Manchmal sind diese Synonyme nicht so leicht auseinanderzuhalten, und da
    kommt es dann zu Missverständnissen wie in der feministischen
    Sprachwissenschaft. "Kunden" kann nämlich ebenfalls zweierlei bedeuten:
    "Menschen, die einkaufen" ebenso wie "Männer, die einkaufen". Indem
    Sprachkritiker*innen behaupten, mit "Kunden" seien nur Männer gemeint,
    erzeugen sie den Eindruck, Frauen würden sprachlich unterdrückt. Sie
    richten sich nicht danach, was Menschen meinen, wenn sie etwas sagen,
    sondern danach, was sie ihnen unterstellen, was sie meinen: "Sie reden
    ja nur von den Männern! Uns Frauen lassen Sie mal wieder unter den Tisch
    fallen!"

    Aber das ist ebenso Nerv tötend wie falsch.

    Auch sorgt der Artikel im Singular mit dem grammatischen Geschlecht für
    den Unterschied zwischen der (frohen) Kunde und dem Kunden sowie der
    Leiter und dem Leiter...

    Aus eben den soeben erklärten Gründen sind 99 Lehrerinnen und ein Lehrer
    zusammen hundert Lehrer: Es wird nämlich der grammatikalische
    Oberbegriff verwendet, sobald eine auch nur irgendwie gemischte Gruppe
    besteht. Ohne einen solchen Oberbegriff, der für beide Geschlechter
    gilt, würden sich bestimmte Sachverhalte auch überhaupt nicht
    formulieren lassen (etwa "Jeder dritte Unternehmer in Österreich ist
    eine Frau." oder "Wir kennen nicht mal das Geschlecht des
    Verdächtigen.") Ein "Tag" mit seinen 24 Stunden besteht aus Tag und
    Nacht, genauso wie "der Kunde" männlich oder weiblich sein kann -
    unabhängig von seinem grammatischen Geschlecht. Ähnlich verhält es sich
    mit "die Katze": Die weibliche Form steht als Oberbegriff sowohl für das
    weibliche Tier als auch für das männliche, das wir, wenn wir es genauer
    spezifizieren möchten, als "der Kater" bezeichnen (so wie "der Kunde",
    wenn weiblich, zu "die Kundin" wird). Zu behaupten mit "der Kunde" seien
    nur Männer gemeint, allein weil "der" davorsteht, ist grammatisch
    ungefähr so durchdacht wie es ...

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    1. Leserbrief FAZ, Teil 214. September 2021 um 19:29

      ... die Argumentation ist, mit "die Kunden"
      seien offenbar nur Frauen gemeint, weil "die" davorsteht. In Wahrheit
      drückt natürlich keiner der beiden Artikel den Sexus aus: "die" bezieht
      sich auf die Pluralform, "der" auf den Genus. Erst durch die konsequente
      Doppelbenennung in der feministischen Sprache "die Kunden und Kundinnen"
      wird der Sexismus in die Sprache eingeführt, wo er vorher durch den
      geschlechtsunabhängigen Oberbegriff nicht vorhanden war.

      Im Übrigen bin ich öfter mal "die Vertretung" für einen Kollegen. Ist
      kein Problem für mich.

      Aber ich kenne auch den Unterschied zwischen Genus und Sexus. Und
      ehrlich gesagt, möchte ich nicht so gerne ein Vertreter, ein
      Klinkenputzer sein... Aber ein Mann, der allen Frauen mit Respekt auf
      Augenhöhe gerne begegnet und hofft, dass alsbald keine
      Lohn-/Gehaltsdifferenz zwischen den Geschlechtern mehr besteht. Denn nur
      damit unterstützen wir die Emanzipation – nicht aber mit umständlichem
      Gender-Sprich-und-Schreib-Stil.“"

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  9. Die deutsche Grammatik hat weder politisch noch sozial die Absicht, irgendwen zu diskriminieren, sagt der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Olav Hackstein in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Maskulinum, Femininum und Neutrum können im Deutschen jedes Geschlecht benennen, das zeigten Wörter wie „Liebling" oder „Zwilling". „Das Kind" könne auf ein männliches oder weibliches Kind hindeuten. Dass Genderbefürworter „man/jedermann" als männlich deuten, sei ein Missverständnis, bedingt durch die historische Sprachentwicklung: Das Wort hat als Stamm nicht „Mann", sondern „Mensch", was vor allem deutlich wird, wenn man die Bedeutung ins Neuhochdeutsche oder Englische zurückverfolgt. Die Grammatik könne demnach gar nicht diskriminierend sein, „da ihr einziger Daseinszweck darin besteht, eine erfolgreiche und ökonomische Kommunikation zu gewährleisten." Daher sei es nötig, zwischen dem sprachlichen System per Spracherwerb und der Sprachverwendung zu unterscheiden. Das System selbst kann nicht diskriminieren, die Sprachverwendung hingegen schon. Daher haben, so Hackstein, Verwaltungen, Behörden, Ministerien oder Universitäten nicht das Recht, die Grammatik zu verändern. Sprachkritik darf sich nicht gegen die Grammatik wenden, sondern nur gegen den Sprachgebrauch. Nur weil ein Wort falsch verstanden werden kann, darf es nicht von oben so verändert werden, dass seine Einordnung im grammatikalischen Kontext verfälscht wird: „Eine sich auf Missverständnissen der sprachlichen Verhältnisse gründende Grammatik- und Sprachkorrektur ist daher sachlich falsch und erweist sich als rein ideologisch motiviert." (zeitung.faz.net)

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  10. Gendern ist ein Versuch, Gerechtigkeit herzustellen.
    Das geht so nicht.
    Dennoch ist der Impetus positiv.

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